Der Lauf des Lebens
Jede Bewegung schmerzt, fühlt sich falsch und fremdartig an. Wie Feuer brennt sich die unbekannte Krankheit durch die Adern, zehrt von den einzigen Momenten, in denen Licht die Sinne speiste. Nun ist das einzige, was die Lider aufnehmen, eine endlos tiefe, leere Ebene aus Dunkelheit. Der Schlund der Kreatur, die sich von der Krankheit nährt, weitet sich mit jedem neuen Schmerz, der in die Wunden gerissen wird. Alte Wunden, bis auf den Knochen entblößt, liegt der Leib entblößt da.
Die Seele kämpft darum, sich von der fleischlichen Hülle zu befreien, die sie an den unwürdigen Körper fesselt. Gleichzeitig dringt das monströse Etwas tiefer in die inneren Schichten vor, löst mehr und mehr Funken aus den Momenten, die einst Bedeutung besaßen, nun aber wertlos und stumm der Betrachtung entgehen.
Ein wunderschöner Augenblick, zart und kostbar, fließt über die eiskalte Haut, hinterlässt einen weiteren Moment, an dem die Seele noch immer nagt. Gleichzeitig greift die Kreatur mit ihren Klauen nach den Bildern, dem Glück, dem strahlenden Licht und Glanz, das aus dem Augenblick entstanden ist. Sie verschluckt sich beinahe an der kraftvollen, intensiven Liebe, die diesem Moment innewohnt.
Doch schließlich verdaut sie auch diese Träume, der Geschmack auf den Lippen verblasst, wird bittersüß und gräbt noch tiefere Wunden in die Seele. Diese versucht, dem Wellenbruch zu entgehen, der sich ankündigt. Fluten, Massen von dunklem Wasser, brechen über dem letzten bisschen Verstand herein, dem letzten bisschen Hoffnung, die die Seele sorgsam gespart hatte. Aber nun ergibt sie sich.
Lässt die Einsamkeit in sich ergießen, jede Pore mit brennendem Schmerz ausfüllen und taucht in die Umarmung ab. Eine Umarmung voller Liebe und Wärme, die sie erschaudern lässt. Die Kreatur ertrinkt in den Wellen, doch die Seele wird empfangen von dem Wasser wie in einer zweiten Heimat. Zumindest solange, bis das Licht sie erneut berührt und damit wieder in eine körperliche Hülle, den ewigen Kampf des Lebens, hineinzwängt...
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