Schwebend dahingleiten
Wenn du fliegst und der Höhenrausch deine Sinne betäubt, zählt nichts anderes mehr außer diesem Antrieb, diesem schwebenden Gefühl. Mit den Schwingen gespreizt, folgst du dem Weg, den dein Inneres dir weist. Wie ein Kompass, den du nie verlieren wirst.
Doch es braucht nur einen Moment der Unachtsamkeit, einen Moment, in dem du vergisst, wohin dein Blick einst schweifte. Deine Fassade bröckelt, entblößt deine tiefsten Wunden und Ängste vor jedem, dem du begegnest. Kummer färbt deine Gedanken und deine Flügel werden schwer. Das Federkleid löst sich langsam in Fetzen auf, während du spürst, wie du die Haftung verlierst.
Der Abgrund unter dir ist ein Ort, den du zuvor nie gesehen oer wahrgenommen hast. Doch nun fällst du, fällst kontinuierlich und ohne Halt. Deine Glieder brennen von der Reibung, als du kopfüber voran in die Finsternis hinabtauchst.
Wenn du fliegst und der Höhenrausch deinen Verstand betäubt, ignorierst du Ratschläge. Dein Weg ist vorherbestimmt, dein Pfad genau festgelegt und aufgezeichnet. Du folgst der Schneise, die der Nebel hinterlässt, dabei verblassen Schemen von Personen, die dir Unterstützung bieten wollten.
Du lächelst, als du die Umarmung der Wellen spürst. Doch das einzige, was sie sehen, ist ein krankes Wesen, verstrickt in Lügen und Halbwahrheiten, in Perfektionismus, der nicht funktioniert und dich nur noch tiefer dorthin treibt, wo du nie wieder hinwolltest. Der Ort, den du niemandem zeigen wolltest, der Ort, der all deine Fehler zeigt, all deine Wertlosigkeit. Zumindest sind das die Stimmen, die als einzige noch zu dir durchdringen.
Einmal noch schwebend dahingleiten möchtest du. Einmal noch das Gefühl erleben. Der Rausch der Tiefe, als deine Seele sich löst und ihre Schwingen spreizt, verleiht dir ungeahnte Kraft, um weiterzuziehen. Für den Moment bist du wieder in der Spur, auf dem Weg, den du gehen sollst. Doch schon bald wird dich das Gefühl der Euphorie wieder bestürmen und rastlos zurücklassen...
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