Wer ist da?
Wer ist da?, fragt die Stimme im Kopf furchtsam. Gedanken strömen ein und aus, Konzepte entstehen, Strukturen im stetigen Wandelprozess. Noch rührt sich nichts. Bis ein Schemen in den Kegel des zarten Hauchs der Grübelstimme tritt. Bist du...? Das Wesen erhält Konturen und Züge, manifestiert sich zu einer wahren Gestalt. Ein Name rauscht über die blasse Fläche, ebnet und passt die Form dem Gedanken an, der sie schafft. Die Stimme im Kopf betrachtet fasziniert, wie die geheimnisvolle Figur zu einem Charakter mit Persönlichkeit heranreift. Oh, du bist ja... Kurzes Haar, strahlende Augen, ein sanftes Lächeln, aber... ein Schatten liegt über dem Schemen. Onkel, warum siehst du so komisch aus? Schmerz füllt die Hülle des Stimmchens, sendet ein stechendes Prickeln in den Körper. Der kleine Hauch krümmt sich auf dem Boden zusammen. Schnappt nach Luft, fühlt sich wie ein Fisch gefangen im Goldfischglas. Ohne Raum. Ohne Freiheit. Doch sehnt sich zugleich nach dem mysteriösen Wesen, das dort vorne noch immer steht. Onkel... Die Tränen lassen sich beinahe aus der piepsigen Stimme heraushören.
Die neu geschaffene Kreatur kommt leise heran. Streicht behutsam über den zitternden, verkrampften Leib des Hauchs. Ich... bin die Liebe... und der Hass. Wie ein Pfeil schießt der Schemen davon. Die Überreste und Fetzen seiner Existenz aber werden die Stimme nicht verlassen. Mühsam kämpft sich das Kleine wieder hoch. Sieht sich mit neu erwachendem Interesse um. Die Gedanken schaffen unentwegt, doch sie ändern nie ihre eingeschlagene Richtung. Die nervöse Stimme schleicht angespannt umher, wartend. Der stechende Schmerz ist längst Teil der Persönlichkeit des Hauchs geworden. Bis im Lichtkreis eine neue Gestalt erscheint.
Wer...wer ist da?
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