In eisiger Umarmung
Um den Körper brausen die Winde, sie reiben die Haut auf wie Sandpapier. Tiefe Risse zeichnen die Gliedmaßen, Spalten, die bis tief ins Mark reichen. Hin und wieder fällt ein Schatten auf die Umrisse der Gestalt, während unentwegt ein Wolfsheulen in den Ohren widerhallt. Der Grund fühlt sich uneben an, scheinbar flüssig bewegt er sich wie ein fliegender Teppich auf und ab. Mal entkrampft sich das Wesen, wenn die trocken reibenden, stechenden Pfeile der Luft von den entblößten Körperteilen ablassen. Damit sich die Hände augenblicklich um die offenen Wunden schließen, die durch die reißenden Winde geschmirgelt und stetig weiter werden. Doch es ist nicht Blut, das aus den weit klaffenden Kanälen strömt, sobald sich der Körper bewegt. Farblos und geruchlos entfernt sich Stück für Stück die Seele in Form von zersplitterten Bildern, Erinnerungen, Wünschen, Träumen... Finsternis kleidet die äußere Hülle in ihr fremdartig anziehendes Gewand, während das Innere zunehmend leuchtender wird. Nutzlose Funktionen verweigern sich und werden schließlich ausgesondert. Emotion für Emotion verlässt den erkaltenden Kern, der nur noch durch die klirrende Umarmung der anderen Welt weiter gereinigt werden kann. Schichten der Haut, Haarsträhnen und schließlich auch Teile des Verstandes lösen sich befreit von den Lasten des Körpers. Der Kern befiehlt und die Untergebenen folgen, mit jedem weiteren Kompromiss blind und taubstumm werdend. Rein soll das Innerste werden, pur und unbefleckt. Dafür muss der letzte Funke Sinn weichen, in kalten Träumen erfolgt die Flucht der überlebenden, letzten Fragmente. Eingekugelt wie ein Embryo erwarten die letzten Gefühle und vergangenen Bilder ihre Erstarrung. Mit einem schmerzvollen Stoß entledigt sich der Kern den übirgen, korrupten Instanzen und schießt in das grelle Weiß der reinsten Dunkelheit.
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