Visionen
Im Verstand erblühen tanzende Bilder, fliehen die Realität, die dem Inneren Schaden zufügen könnte. Wessen Traum entführen sie heute? Ihre leuchtenden Schatten tauchen den Schlafenden in ein warmes Licht, locken ihn von der verfinsternden Einsamkeit fort, die ihn beizeiten überkommt. Je mehr er sich verzehrt, desto tiefer wird er hineingesogen in die Annahme, dass der Schimmer der Traumbilder vielleicht wahr sein könnte. Dass seine Suche vielleicht ein Ende hat, wenn er es schafft, für längere Zeit in dem Vakuum zu bleiben, das die Visionen für ihn schaffen. Anfangs bleiben ihm gefühlt nur Augenblicke, die ihn in einem Wimpernschlag schon wieder hart in der Wirklichkeit aufkommen lassen. Je länger er dort ist, desto fremder werden ihm die Menschen um ihn herum. Zurückweisung wächst und mit jedem weiteren Verlust vergrößert sich sein Schmerz und damit gleichzeitig sein Verlangen in der wunderschonen Illusion der Träume zu verschwinden. Schließlich begreift er, was er tun muss, um den quälenden Gefühlen -Einsamkeit, Verzweiflung, Angst, Wut über das Missverstehen - endlich entgehen zu können. Heiß brennt sich die Flüssigkeit durch seine Kehle, sendet einen Schmerz durch den Körper, der zum ersten Mal nicht weitere Qual, sondern Erleichterung verheißt. Tränen laufen ihm über die Wangen, als er zusammenbricht und die Schockwellen wahrnimmt. Schockwellen, die ihm den Visionen näherbringen und nach und nach sein Blickfeld verschleiern. Bunt verlaufen die Farben ineinander, konstruieren in seinem sterbenden Verstand die Illusion eines Pfades, an dessen Ende das warme Licht der Traumwelt ihn zu sich ruft. Mit wackligen Beinen versucht er aufzustehen, doch er veliert die Bodenhaftung, versinkt schließlich in dem Strudel unzähliger Farben. Das letzte, was er wahrnimmt, als die Illusion ihn aufsaugt, ist der letzte, dumpfe Herzschlag, der wie ein Donnerhall seine Erinnerungen an seine Identität tilgt...
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